Geschichte des Thermalen Badens
Die Heilwirkung von Mineral- und Thermalquellen wurde vom Menschen bereits in der Steinzeit erkannt und genutzt. Während der Antike entwickelten die Hochkulturen des Orients und in Griechenland und später insbesondere Rom eine differenzierte Badekultur. Diese diente der allgemeinen Förderung des Wohlbefindens, der (rituellen) Reinigung, der Heilung von bzw. Vorbeugung vor Krankheiten und schließlich auch der Unterhaltung und dem Zeitvertreib.
Die Römer machten das Baden durch die Errichtung großer, öffentlicher Thermal-Badehäuser zu einer beliebten Beschäftigung für die gesamte Bevölkerung. Diese Thermen waren in verschiedene Badebereiche aufgeteilt, die jeweils unterschiedliche Funktionen erfüllten und in einer bestimmten Reihenfolge besucht wurden. Zu den Grundbestandteilen gehörten das Tepidarium (tepidus, lat. = mild), das Caldarium (calidus, lat. = warm, heiß), das Laconium (Schwitzbad, vermutlich benannt nach der Volksgruppe der Lakonier) und das Frigidarium (frigidus, lat. = abkühlend).
Höhepunkt der römischen Badekultur waren riesige Thermen mit aufwendiger Heiztechnik, luxuriöser Ausstattung, Unterhaltungs- und Vergnügungssälen sowie Bibliotheken und Palästen, in welchen sportliche Wettkämpfe ausgetragen wurden. Gute Beispiele hierfür sind die Caracalla- und die Diokletian-Thermen in Rom.
Nach dem Ende des römischen Reiches erfolgte ein weitgehender Verfall dieser Badekultur. Zu einer letzten Blüte kam es im 9. Jh. am Hofe Karls des Großen in Aachen, wo die Thermalquelle genutzt wurde, welche noch in diesem Jahrhundert das 1989 abgebrochene "Kaiserbad" speiste.
Eine gewisse neuerliche Aufwertung erfuhr seit dem Hochmittelalter lediglich ein Teilaspekt des römischen Badewesens, das Schwitzbad, welches gegen die verschiedensten Erkrankungen, insbesondere die aus dem Orient eingeschleppte Lepra, verabreicht wurde.
Zu einer umfassenden Wiederbelebung der antiken Badekultur mit ihren differenzierten Gepflogenheiten kam es in Europa erst seit dem 16. Jh. Einige bereits von den Römern gegründete Badeorte wie Spa in Belgien, Karlsbad in Böhmen und Gastein in Österreich sowie Aachen, Baden-Baden, Badenweiler und Bad Ems in Deutschland wurden wieder zu beliebten Treffpunkten für den begüterten Adel und das Bürgertum, welche sich von Literaten und Künstlern umschwärmen ließen.
Bereits im ausgehenden 15. Jh. war mit den gelehrten Publikationen von Clement von Gracz (Brunn, 1495) und Hans Folt (Nürnberg, um 1480) der Wissenschaftszweig der Balneologie (Bäderkunde) begründet worden. Zunehmend wurden die Wässer der Mineral- und Thermalquellen wissenschaftlich analysiert und auf ihre medizinischen Anwendungsmöglichkeiten hin untersucht.
Seit dem 17. Jh. wurden vor allem die von vielen Ärzten empfohlenen Trinkkuren in den aufblühenden Badeorten zu einer regelrechten Mode, welche begleitet wurde von den eher gesellschaftlichen Aspekten wie dem Promenieren, der eigenen Zurschaustellung und lockerer, unverbindlicher Unterhaltung. Letzteres geriet mancherorts auf Kosten der gesundheitlichen Fragen in den Mittelpunkt der Badekultur, so schrieb etwa Goethe über einen Aufenthalt in Karlsbad im Jahre 1795: "Die Gesellschaft ist sehr angenehm, es gibt manchen Spaß und Äugelchen die Menge...". Gleichzeitig wurden andere Bäder von Ärzten unter streng medizinischen Gesichtspunkten neu gegründet, so das 1789 durch den Arzt des letzten Kölner Kurfürsten, Dr. Martin von Ney, errichtete Bad in Godesberg.
Eine wesentliche Erweiterung der medizinischen Therapie mit Mineral- und Thermalwasser sowie kaltem Wasser (Kneippkuren) und Meerwasser brachte das 19. Jh., was schließlich 1878 zur Gründung der "Balneologischen Sektion" der Gesellschaft für Heilkunde in Berlin führte.
Nachdem im Laufe des 20. Jh. zunehmend die rein therapeutischen Möglichkeiten eines Badeortes und seiner Einrichtungen in den Mittelpunkt gestellt wurden, kommt es heute wieder zu einer verstärkten Rückbesinnung auf die sinnlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Werte des Badewesens.